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Argumente – Taktiken in Verhandlungen durchschauen



Du steckst mitten in den Verhandlungen mit dem Arbeitgeber und alles läuft wie geschmiert. Du trägst die Argumente des Betriebsrates überzeugend vor und gehst auch auf die Argumente der Gegenseite ein.


Doch plötzlich zieht ein Gewitter auf: Der Ton verschärft sich. Die Stimmung kippt. Deine Position wird scharf angegriffen und auch du wirst persönlich beleidigt. Du versuchst dich, verzweifelt mit Argumenten zu wehren und verlierst die Kontrolle.


Kein Wunder.


Denn der Arbeitgeber will dich bewusst aus der Fassung bringen und dich verunsichern, um seine Position um jeden Preis durchsetzen und dich mit Worten zu Fall zu bringen. Dabei ist ihm fast jedes Mittel recht: Unfaire Taktiken und persönliche Angriffe.


Verbale Attacken oder Manipulationen hast du in Verhandlungen bestimmt schon mehr als einmal erlebt. Allerdings gibt es auch Argumentationstaktiken, die du auf den ersten Blick nicht sofort erkennst – dir aber trotzdem den Boden unter den Füssen wegziehen.


Wenn du diese unfairen Taktiken durchschaust, fällt es dir auch leichter, dich dagegen zu wehren – und das solltest du auf jeden Fall tun.



1. Taktik - Angreifen


Diese üble Taktik ist in Verhandlungen an der Tagesordnung. Anstatt sachlich zu argumentieren, wird der Betriebsrat vom Arbeitgeber persönlich angegriffen oder beleidigt.


Beispiele

  • Sie haben als frischgewählter Betriebsrat keinen blassen Schimmer.

  • Betriebsräte wie Sie machen uns das Leben schwer.

  • Haben Sie als Betriebsrat nicht anderes zu tun, als die Geschäftsführung zu nerven?

Abwehr

Wenn dich der Arbeitgeber persönlich angreift oder beleidigt, musst du dich wehren. Schlage aber nicht mit den gleichen Waffen zurück, sondern entlarve den Angreifer mit Formulierungen wie „ Sie unterstellen mir …“ oder „Jetzt werden Sie aber ausfallend…“ und verlange, dass er in Zukunft solche Bemerkungen unterlässt.



2. Taktik - Ausweichen


Der Arbeitgeber hört dir ohne Unterbrechung aufmerksam zu und täuscht damit ein Scheininteresse vor. Das kannst du daran erkennen, dass er auf ein anderes Thema ausweicht, sobald du mit deiner Argumentation fertig bist.


Diese Taktik ist leicht zu durchschauen und ist dir bestimmt schon oft in Verhandlungen begegnet. Sie wird gerne von Personen eingesetzt, die über viel Macht und Einfluss verfügen oder es zumindest glauben.


Beispiele

  • Das Konzept des Betriebsrates zur Vereinbarung von Familie und Beruf klingt vielversprechend. Wir sollten es aber nicht heute diskutieren, sondern uns lieber dem Thema XY widmen.

  • Die Verbesserungsvorschläge aus der Belegschaft sind sehr interessant. Doch lassen Sie uns zunächst einen anderen Gesichtspunkt betrachten.

Abwehr

Gegen die Taktik des Ausweichens kannst du dich wehren, indem du den Arbeitgeber aufforderst, zum eigentlichen Thema zurückzukehren. Denn wenn du ihn gewähren lässt, wird er seine Machtspiele noch weiter treiben.



3. Taktik - Schmeicheln


Eine sehr beliebte Taktik in Verhandlungen ist, dem Betriebsrat zu schmeicheln. Und da die meisten Betriebsräte diese Taktik nicht durchschauen, fallen sie auch prompt drauf rein. Der Arbeitgeber wird nicht mit Komplimenten sparen, um dem Betriebsrat vorschnell Zugeständnisse abzuringen.


Beispiel

  • Sie sind nicht nur ein erfahrender Betriebsrat, sondern auch einer der besten IT-Spezialisten in unserem Unternehmen. Sie stimmen mir sicherlich zu, dass in der Buchhaltung die Arbeit mit einem neuen Buchhaltungsprogramm schneller erledigt werden kann. Unsere Buchhalterinnen werden so entlastet und haben mehr Zeit für ihre eigentlichen Tätigkeiten.

(Natürlich verheimlicht der Arbeitgeber, dass er nach der Einführung des neuen Programms Leute entlassen will.)


Abwehr

Werde hellhörig, wenn der Arbeitgeber dir in Verhandlungen Komplimente macht. Nehme das Kompliment zur Kenntnis, bedanke dich freundlich und lass dich aber nicht zu voreiligen Zugeständnissen hinreißen.



4. Taktik - Schnee von gestern


Ach, das ist doch Schnee von gestern! Mit dieser ziemlich unfairen Taktik stellt der Arbeitgeber deine Argumente als längst überholt und bereits ausdiskutiert dar.


Er hat nämlich kein Interesse, sich mit den Gedanken, Ideen oder Vorschlägen des Betriebsrates zu beschäftigen und versucht diese auf unfeine Art vom Tisch zu wischen.


Beispiele

  • Was Sie sagen, ist doch Schnee von gestern.

  • Dieses Thema hatten wir längst abgeschlossen.

  • Haben Sie nicht gemerkt, dass wir schon viel weiter sind?

Abwehr

Entlarve diese Taktik und gebe dem Arbeitgeber sehr deutlich zu verstehen, dass das Thema sehr wohl noch aktuell ist.



5. Taktik - Provozieren


Provozieren ist auch eine beliebte Methode am Verhandlungstisch. Ziel dieser Taktik ist, den Verhandlungspartner herauszufordern und zu verunsichern, damit er die Fassung verliert und nicht mehr sachlich argumentieren kann.


Ständige Provokationen verschärfen das Gesprächsklima zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber und vergiften die Verhandlungsatmosphäre.


Beispiele

  • Was Sie nicht sagen!

  • Erzählen Sie uns doch keine Märchen!

  • Können Sie auch etwas Gescheites sagen?

Abwehr

Du hast zwei Möglichkeiten, dich gegen Provokationen zu wehren: Entweder überhörst du sie oder nennst das Kind beim Namen. Bleibe aber auf jeden Fall ruhig und gelassen und fordere den Arbeitgeber auf, sachlich zu bleiben.



6. Taktik - Unterbrechen


Du bist mitten im Gespräch und wirst vom Arbeitgeber plötzlich unterbrochen. Damit will er dich aus dem Konzept bringen und dich verunsichern. Diese Taktik ist in Verhandlungen keine Seltenheit und gehört auch zu den unfairen Methoden.


Beispiele

  • Moment mal, Sie schätzen die Lage in unserem Unternehmen völlig falsch ein!

  • Das gibt´s doch nicht!

  • Das glauben sie doch selbst nicht, was Sie da sagen!

Abwehr

Fordere den Arbeitgeber auf, dich nicht zu unterbrechen, während du redest. Erstens gehört sich das nicht und zweitens möchte er ja selbst auch nicht unterbrochen werden.


Wenn er immer und immer wieder stört und nicht auf Worte wie „Lassen Sie mich bitte ausreden!“ reagiert, unterbreche einfach die Verhandlungen und legen ein kurze Verhandlungspause sein.



7. Taktik - Zeit gewinnen


Wenn der Arbeitgeber in Verhandlungen mit dem Betriebsrat auf Zeit spielen will, wird er sich absichtlich dumm stellen und so tun, als ob er dich nicht richtig verstanden hat. Das erkennst du daran, dass er meistens naive oder umständliche Fragen stellt.


Diese Taktik ist ziemlich harmlos, kommt aber in Verhandlungen häufiger vor als du denkst. Allerdings ist sie nicht so einfach zu durchschauen und kann leicht mit der Rückfrage-Taktik verwechselt werden.


Deshalb achte vor allem darauf, wie der Arbeitgeber diese Fragen stellt: Wie ist sein Tonfall? Wie ist seine Mimik und Gestik? Wie ist seine Stimmung?


Beispiele

  • Erlauben Sie mir bitte noch eine Frage.

  • Sorry, aber das habe ich nicht verstanden. Können Sie mir nochmal erklären, was sie damit meinen?

  • Können Sie die letzten Punkte ihres Statements noch einmal wiederholen? Ich habe sie nicht richtig verstanden.

Abwehr

Wenn du das Gefühl hast, dass der Arbeitgeber mit diesen Fragen auf Zeit spielen und den Betriebsrat hinhalten will, musst du sofort handeln und ihn auffordern, sich zur Sache zu äußern.


Mit einem Augenzwinkern kannst du ihm auch zu verstehen geben, dass du seine Taktik durchschaut hast.



Bleib fair beim Argumentieren


Unfaire Taktiken begegnen dir nicht nur in Verhandlungen mit dem Arbeitgeber, sondern auch in Diskussionen mit deinen Betriebsratskollegen oder in Gesprächen mit den Kollegen.


Wer diese unfairen Argumentationstaktiken bewusst einsetzt, will seine Meinung mit aller Macht durchsetzen und in Gesprächen die Oberhand behalten. Kurzum: Er will in der Argumentation siegen und dem Gegenüber eine Niederlage bereiten.


Doch wenn du diese verbalen Angriffe frühzeitig erkennst, verlieren sie an Macht und werden dich nicht mehr so leicht aus der Bahn werfen – vermutlich aber den Angreifer, weil er sein Ziel nicht erreichen kann.


Und denke daran: „Beleidigungen sind die Argumente jener, die über keine Argumente verfügen.“ (Jean-Jacques Rousseau)




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