Ein Anruf genügt. Der Arbeitgeber ist am Telefon und teilt dir mit, dass er dringend mit dem Betriebsrat Verhandlungen führen will. Am besten noch gestern.
Bevor er den Hörer wieder auflegt, verspricht er hoch und heilig, dir alle wichtigen Informationen sofort zu schicken. Schnell gibt er den Hörer an seine Sekretärin weiter, um schon den ersten Verhandlungstermin zu vereinbaren.
Was nun? Alles stehen und liegen lassen und schnell alle Betriebsratsmitglieder zu einer Sitzung zusammentrommeln? Oder erst einmal tief durchatmen und einen kühlen Kopf bewahren?
Schalte am besten einen Gang runter und lass dich nicht unter Druck setzen. In Verhandlungen geht es nicht um Leben und Tod. Bereite die Verhandlungen in Ruhe vor, denn nur mit einer guten Vorbereitung kannst du auch das Beste für deine Kollegen herausholen.
1. Strategie – Verhandlungen allein oder im Team?
Ich gebe es offen und ehrlich zu: Verhandlungen vorzubereiten sind kein Zuckerschlecken. Es ist harte Arbeit, die sich aber auf jeden Fall lohnt, da du die Weichen für deine Verhandlungen stellst.
Für die Vorbereitungen brauchst du alle Hände. Es müssen nicht nur Zahlen, Daten und Fakten zusammengetragen, sondern auch Stimmungen aus der Belegschaft eingefangen und eine Verhandlungsstrategie erarbeitet werden.
Stelle dir deshalb ein schlagkräftiges Team zusammen, welches die Verhandlungen gründlich vorbereitet. Mache nicht den Fehler, alles alleine zu stemmen – nur weil du der Betriebsratsvorsitzende bist.
Vergesse auch nicht, deinen Betriebsratsanwalt, deinen Gewerkschaftssekretär oder deinen Sachverständigen mit in die strategischen Vorbereitungen einzubeziehen – denn diese sitzen ja dann auch mit dir am Verhandlungstisch.
2. Strategie – Was sind die Ziele des Betriebsrates?
Bevor du in die Verhandlungen gehst, musst du dir klar werden, was du willst. Denn wenn der Betriebsrat ohne konkrete Ziele in die Verhandlungen geht, wird er sehr schnell ins Schleudern geraten.
Setze dir realistische Ziele, die du auch wirklich erreichen kannst. Nichts ist frustrierender, wenn du deine Ziele nicht erreichst und sich deine Luftschlösser in Luft auflösen – ein Fehler, den ich nur einmal gemacht habe.
Was will der Betriebsrat erreichen? Diese Frage ist meistens . Doch die viel schwierigere Frage ist: Wo wirst du aussteigen und die Verhandlungen abbrechen?
Beantworte dir deshalb vor jeder Verhandlung folgende Fragen und halte diese unbedingt schriftlich fest:
Das maximale Ziel – Was will der Betriebsrat erreichen?
Das minimale Ziel – Was muss der Betriebsrat mindestens erreichen?
Das Minimalziel ist die absolute Schmerzgrenze und muss auf jeden Fall eingehalten werden. Wenn du dieses Ziel nicht erreichen kannst, musst du die Verhandlungen abbrechen und möglicherweise in die Einigungsstelle gehen. Auch für diesen Fall brauchst du unbedingt einen Plan in der Tasche.
Mein Verhandlungstipp: Gehe nicht mit nur einem einzigen Ziel in die Verhandlungen, sondern mit einem ganzen Bündel an Zielen. Überlege dir auch mögliche Alternativen, um deinen Verhandlungsspielraum zu vergrößern.
3. Strategie – Wie tickt der Arbeitgeber?
Weißt du eigentlich genau, mit wem du es am Verhandlungstisch zu tun hast? Welche Position und welche Rolle hat dein Arbeitgeber in den Verhandlungen? Wie tief steckt er im Thema drin? Was ist er für ein Verhandlungstyp? Was für ein Mensch?
Vielleicht machst du dir darüber gar keine großen Gedanken, weil du ja ständig mit dem Arbeitgeber in Gesprächen und Verhandlungen bist und glaubst, ihn gut zu kennen. Doch das ist ein Trugschluss.
Wenn du deinen Verhandlungspartner besser einschätzen willst, musst du die Verhandlungen aus Sicht des Arbeitgebers betrachten.
Der Arbeitgeber wird wie der Betriebsrat auch seine Ziele entschlossen verfolgen: Was wird er fordern? Wie stark ist seine Position, diese Ziele auch durchzusetzen? Wie wirst du auf seine Forderungen reagieren? Wo sind seine Grenzen?
Werfe auch einen Blick in die Vergangenheit: Wie sind die letzten Verhandlungen gelaufen? Was wurde unternommen, um sich zu einigen? Welche Ergebnisse wurden schon erzielt? Welche Erfahrungen hast du mit dem Arbeitgeber gemacht? Und welche hat er mit dir gemacht?
Prüfe in den Vorbereitungen genau, ob du mit dem richtigen Verhandlungspartner an einem Tisch sitzt – mit einem Verhandlungspartner, der die Entscheidungsbefugnis hat und nicht erst Entscheidungen Dritter abwarten muss.
Mein Verhandlungstipp:
Lege dir von allen Verhandlungspartnern Verhandlungsprofile an, damit du immer weißt, mit wem du es zu tun hast.
4. Strategie – Wer hat welche Rolle in Verhandlungen?
Um ein schlagkräftiges Verhandlungsteam aufzustellen, braucht der Betriebsrat einen Verantwortlichen, der den gesamten Verhandlungsprozess steuert. Er achtet darauf, dass die Strategie eingehalten wird.
Der Verantwortliche muss strategisch denken können und in extrem stressigen Situationen einen kühlen Kopf bewahren. Die strategische Führung ist von höchster Bedeutung und entscheidet über den Erfolg oder Misserfolg einer Verhandlung.
Welche Eigenschaften braucht eigentlich ein Verhandlungsführer? Ein Verhandlungsführer, der eine gute Intuition und Menschenkenntnis hat, um die Verhandlungssituation und auch den Verhandlungspartner gut einschätzen zu können, ist klar im Vorteil.
Ein Verhandlungsführer muss nicht nur mit schlagkräftigen Argumenten überzeugen, sondern auch mit seiner ganzen Persönlichkeit. Schließlich führt er Menschen durch die Verhandlungen – und das sollte er verantwortungsvoll tun.
Wer sollte noch am Verhandlungstisch sitzen? Du solltest nicht ohne deinen Anwalt in eine Verhandlung gehen, auch wenn du das Betriebsverfassungsgesetz wie im Schlaf runterbeten kannst. Und überlege dir auch, welche Experten du noch brauchst.
Mein Verhandlungstipp: Stelle dir ein schlagkräftiges Verhandlungsteam zusammen und achte darauf, dass die persönlichen Stärken der Betriebsratsmitglieder zum Einsatz kommen.
5. Strategie – Welche Macht hat der Betriebsrat?
Die Vorbereitung auf eine Verhandlung birgt auch ein gewisses Risiko in sich: Du überschätzt dich selbst – einer der häufigsten Fehler, der in Verhandlungen gemacht wird. In deiner Planung hast du nicht berücksichtigt, dass alles auch ganz anders kommen kann und der Betriebsrat für diesen Fall strategisch und emotional gewappnet sein muss.
Die andere Seite der Medaille ist: Du realisierst erst nach der Verhandlung, dass du deine Macht unterschätzt hast. Damit du nicht in diese Falle tappst, schätze deine Macht realistisch ein und stelle sie während der ganzen Verhandlungen immer wieder auf den Prüfstein. Machtverhältnisse können sich schlagartig ändern.
Fazit
Mit einer guten Vorbereitung legst du den Grundstein für deine Verhandlungen. Das ist der erste Schritt einer Verhandlung. Wenn du deine ganze Energie in die Vorbereitungen steckst, wirst du es in der Verhandlung viel leichter haben.
Suche dir viele fleißige Helfer, die dich bei den Vorbereitungen unterstützen. Gemeinsam ist man nicht nur stärker sondern hat auch viel mehr Spaß beim Verhandeln.
Und denke daran: "Gut begonnen ist halb gewonnen."
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